von Dirk Schirra
Zunächst einmal: ich bin Jahrgang 1974. Als ich geboren wurde, gab es die Beatles nicht mehr. Nein, das stimmt nicht ganz. Die Beatles gab es schon noch, aber jeder der Vier ging seine eigenen Wege. Als ich mit ungefähr 11 Jahren Mitte der 80er Jahre anfing, mich für Beatles zu interessieren, kaufte ich mir nicht nur alle Beatles-Platten, sondern auch einige Solo-Alben. Allerdings beschränkte sich das auf 4 Alben von McCartney ("McCartney", "Ram", "McCartney II" und "Tug Of War"), 3 von Lennon ("Plastic Ono Band", "Imagine" und "Double Fantasy") und 1 von Harrison ("All Things Must Pass", welche sonst?). Von Ringo keine. Ich hatte ein Buch, da waren alle Cover drin und das hat mich total fasziniert.
Die einzige Platte, die ich mir dann etwas später kaufte, war die "Cloud Nine" von Harrison, als sie rauskam. 1987 kam keiner an George Harrison vorbei, da er mit dieser Scheibe extrem erfolgreich war. Danach habe ich lange Zeit gewartet, bevor ich mich an die restlichen Soloalben wagte und ich war extrem fasziniert, wie viel tolle Musik die vier auch nach der Trennung noch gemacht haben.
Leider habe ich festgestellt, dass es zwar sehr viele Beatles-Fans gibt, die alle offiziellen Platten in- und auswendig kennen. Aber nur die Wenigsten haben sich mit dem Solowerk befasst, denn
für sie hören die Beatles 1970 auf. Warum eigentlich? Im Grunde genommen machte jeder der Beatles für sich das weiter, was er bei den Beatles angefangen hat. Nur dass eben nicht mehr alle vier
zusammen spielten. Was aber viele nicht wissen: auf vielen Soloplatten spielen zumindestens drei Beatles zusammen, auf einer Ringo-Platte sind sogar alle vier vertreten, wenn sie auch nicht
zusammen spielen. Und einige Stücke auf Ringoplatten sind von Paul, John und George komponiert worden. Von daher denke ich heute, sollte zumindestens jeder Beatles-Fan die essentiellen Soloalben
kennen.
Dieser Bericht soll einen kleinen Überblick geben, was nach dem Ende der Beatles so passiert ist. Für Freunde und Mitglieder unseres Stammtisches gibt es als Bonus eine komplette Discographie, wo
man alle Platten noch einmal auf einen Blick hat.
Fangen wir an mit:
John Lennon, dem "Working Class Hero"
Von allen Beatles hat John das chaotischste Solo-Werk. Mal mit Yoko Ono, mal ohne, mal mit der Plastic Ono Band oder Elephants Memory. Trotzdem hat er jede Menge gute Platten und bekannte Songs rausgebracht.
Nach George war John der Zweite, der noch während der Zeit der Beatles solo aufgefallen ist. Die ersten drei Alben sind sehr experimentell und bestehen ausschließlich aus avantgardistischen Klangcollagen, Geräuschen und Geschrei/Gesprächsfetzen. Unter dem Namen "Unfinished Music" sollte eine Serie entstehen, die John und Yoko während ihres täglichen Lebens dokumentiert. Das erste Album war damals ein Skandal, weil das Cover John und Yoko vollkommen nackt zeigt. Die Platte wurde von vielen Plattenhändlern boykottiert und durfte nur mit braunem Papier, das um das Cover gewickelt wurde verkauft werden. Aber für diejenigen, die die Platte damals kauften war es sicherlich harte Kost, denn trotz aller Experimente der Beatles war die Musik auf diesem Album sehr gewöhnungsbedürftig. Zwischen allerlei merkwürdigen Geräuschen schreit sich Yoko die Seele aus dem Leib. Das zweite Album "Life With The Lions" geriet allerdings noch merkwürdiger. Es wurde mit einem Kassettenrekorder an Yokos Krankenbett aufgenommen, als diese eine Fehlgeburt hatte und besteht aus Herztönen des ungeborenen Babys oder daraus, wie beide sich gegenseitig aus Zeitungsartikeln vorsingen. Das dritte um letzte Album der Serie, das "Wedding Album" wurde, wie der Name schon sagt während der Hochzeit der Beiden aufgenommen. Eins der beiden Stücke besteht nur aus den gesungen, geflüsterten oder gesagten Namen John und Yoko.
Das die Fans damals irritiert waren, ist kein Wunder. Extra für diese Experimente wurde das Sublabel "Zapple" gegründet, auf dem ausschließlich experimentelle Alben erscheinen sollten. Sicherlich sind diese drei Alben nichts für normale Musikkonsumenten. Für Fans aber, die sich mit der Geschichte der Beatles und der Person John Lennons auseinandersetzen wollen, gehören diese Experimente sicherlich dazu. Gut war, dass John zeitgleich drei Singles auf den Markt brachte, die normale Musik enthielten und relativ erfolgreich waren: "Instant Karma!", "Cold Turkey" (das von seiner damaligen Heroinsucht handelt) und "Give Peace A Chance". Die letzteren Beiden wurden unter dem Namen Plastic Ono Band veröffentlicht, die Band, die John damals in´s Leben rief. Mit dieser Band gab er 1969 auch ein legendäres Konzert in Toronto. Dieses wurde dann auf der Platte "Live Peace In Toronto" veröffentlicht. Auch wenn John auf diesem Konzert wieder zugänglichere Songs und alte Rock´n Roll-Klassiker spielte, besteht ein Teil auch aus einem langen Jam mit Yoko´s berühmten Geschrei. Dieser Jam nimmt die gesamte B-Seite des Albums ein.
Wer an diesen ersten 3 Alben von John interessiert ist, dem empfehle ich die sehr schön gemachten Neuauflagen auf CD oder LP
auf dem amerikanischen Label "Secretly Canadian". Diese kommen in sehr schön aufgemachten Digipacks und es wurden sogar Bonustracks für diese Ausgaben aufgetrieben. "Live Peace In Toronto" wurde in den 90er Jahren auf dem Apple-Label auf CD wiederveröffentlicht und bisher gibt es noch keine Neuauflage.
Kommen wir nun zu den normalen Alben von John:
Nach dem Ende der Beatles brachte jeder der vier Beatles ein eigenes Album auf den Markt, die auch alle sehr erfolgreich waren. John´s erstes Album hieß "Plastic Ono Band", so wie seine Band. Es besteht aus sehr persönlichen Songs, über Gott, seine Familie und was ihn sonst noch so bewegte. In den kommenden Jahren brachte John eine Reihe Alben mit normalen Songs auf den Markt, die er mit vielen bekannten und befreundeten Musikern einspielte: "Imagine", "Mind Games" und "Walls And Bridges". Das einzige Album, das etwas aus der Reihe tanzte, war das Doppelalbum "Some Time In New York City", dass während seiner Zeit in New York entstand. Es enthielt nicht nur ausschließlich radikale, politische Songs, sondern die Stücke wurden auch im Wechsel mit Yoko komponiert und gesungen. Während die erste Platte 10 Songs enthielt, besteht die zweite Platte aus Live-Jams, u.a. mit Frank Zappa´s Mothers Of Invention. Auch Yoko´s berühmtes Geschrei durfte hier nicht fehlen. In dieser Zeit gab es auch viele erfolgreiche Hits, u.a. die Weihnachtssingle "Happy Xmas (War Is Over)". Diese Serie relativ erfolgreicher Platten beendete John 1975 erst einmal mit dem Album "Rock And Roll", das - wie der Titel schon sagt - ausschließlich aus Neueinspielungen alter Rock´n Roll-Klassikern besteht. Danach machte John erst einmal für fünf Jahre Pause und zog sich vollkommen aus dem Musik-geschäft zurück, um sich intensiv seiner Familie und seinem Sohn Sean zu kümmern.
1980 kam dann das große Comeback. Das Album "Double Fantasy" spielte er zusammen mit Yoko ein, wobei jeder im Wechsel ein Stück komponierte und gesungen hat. Während John´s Stücke recht rockig waren, waren die von Yoko etwas abgedrehter und erinnern teilweise an Kate Bush. Aber gerade diese Wechselhaftigkeit macht den Charme und die Vielseitigkeit der Platte aus. Das Album war extrem erfolgreich, auch wegen der beiden Singles "(Just Like) Starting Over" und "Woman". Kurz nach der Veröffentlichung wurde John in New York von einem Attentäter erschossen.
Yoko veröffentlichte posthum einige Alben mit Musik von John, wobei "Milk And Honey" aber als das einzige gilt, was in der offziellen Discographie auftaucht, da es laut Yoko 1980 kurz vor John´s Tod aufgenommen wurde und der Nachfolger von "Double Fantasy" werden sollte. Es gab noch einige andere wie "Menlove Ave" oder "Live In New York City".
Die Alben von "Plastic Ono Band" bis "Milk And Honey" wurden 2010 von Apple in sehr schönen Neuauflagen auf CD veröffentlicht. Die CDs kommen in Digipacks mit liebevoll gestalteten Booklets und Liner-Notes. Die CD-Serie hat auf den Covern an der Seite die Unterschrift von John, sowie eine Illustration seines Kopfes. Auf LP wurden diese Platten 2015 als 180g Gramm Vinyls mit schönen Gatefold-Covern wiederveröffentlicht. Wer die Alben "Melove Ave" oder "Live In New York City" haben möchte, muss schauen, dass er an die Ausgaben kommt, die in den 80er Jahren veröffentlicht wurden. Wer auch die grandiosen Singles besitzen möchte, die auf keiner normalen Platte erschienen sind, dem empfehle ich "Lennon Legend". Diese Compilation gibt es sowohl als CD als auch LP und gehört sowieso in jeden Plattenschrank. Sie enthält alle Singles von John.
Viele von John´s Platten wie "Imagine" oder "Double Fantasy" gehören in jeden ordentlichen Plattenschrank, egal ob Beatles-Fan oder nicht. Fans sollten sowieso alle Platten besitzen. Die
ersten 3 Alben, sowie das Live-Album "Live Peace In Toronto" sind eher Hardcore-Fans zu empfehlen.
Als nächstes kommen wir zu:
George Harrison, dem "Dark Horse"
Der Name passt! George hatte wirklich etwas von einem dunklen, sanft- und schwermütigen Pferd an sich. Der Name ist der Titel einer Platte und der seines eigenen Plattenlabels. Aber fangen wir von vorne an.
George hatte als erster das Bedürfnis, was eigenes auf die Beine zu stellen, um endlich aus dem Schatten von Lennon und McCartney herauszutreten. So freundete er sich mit indischen Musikern an und spielte indische Instrumente auf diversen Beatlesstücken. So ist es auch kein Wunder, dass sein erstes Album von 1968 "Wonderwall Music" mit indischen Musikern eingespielt wurde und hauptsächlich aus instrumentalen indischen und rockigen Stücken besteht. Die Platte ist der Soundtrack zu dem Film "Wonderwall" mit Jane Birkin. Die Platte erregte damals einiges Aufsehen, galt sie doch lange Zeit als das erste Solo-Album, das ein Beatle aufgenommen hat. Was kaum einer bemerkt hatte: Paul hatte bereits 1966 den Soundtrack zum Film "The Family Way" komponiert und mit George Martin´s Orchester aufgenommen. "Wonderwall Music" wurde aufgrund der fremden Klänge nicht besonders erfolgreich.
Da John und Yoko 1968 und 69 drei avantgardistische Alben aufnahmen, nahm auch George eins auf. Auf dem zweiten Album "Electronic Sounds" experimentiert er mit dem neuen Moog-Synthesizer, von dessen Klängen er fasziniert war. Dieses wurde auf dem Zapple-Label veröffentlicht und von der Musikwelt nicht weiter beachtet. Wie auch John begann George erst nach dem Ende der Beatles richtige Musik aufzunehmen.
In den letzten Jahren der Beatleszeit komponierte George sehr viel Musik. Unheimlich viel staute sich auf, was auf Beatles-Alben nicht veröffentlicht werden konnte. Da ist es kein Wunder, dass er direkt mit einer 3-LP-Box auf den Markt kam, die einen Großteil dieser Songs beinhaltete und die er mit vielen bekannten Musikern einspielte. Nicht nur aufgrund der Single "My Sweet Lord", sondern weil er überhaupt qualitativ sehr hochwertige Musik ablieferte, war "All Things Must Pass" erfolgreicher als die Alben von John, Paul oder Ringo.
Danach wurde es erst einmal wieder etwas ruhiger um George. Er gab 1971 das legendäre "Konzert für Bangladesh" und brachte
eine dazugehörige Single heraus. Das nächste Album "Living In The Material World" erschien erst 1973. Für damalige Verhältnisse eine sehr lange Zeit.
In den folgenden Jahren brachte George eine Reihe toller Platten auf den Markt, die alle von der Musik her recht ähnlich sind. George entwickelte am ehesten von allen Beatles seinen ganz eigenen Stil, eine Mischung aus melancholischem Softrock und Folkrock mit leicht jazzigen Einflüssen oder Elementen aus der Weltmusik. Mitte der 70er geriet er zwar in eine persönliche Krise (durch die Trennung von Pattie Boyd), was aber der Qualität der Musik keine Abzug tut. Außerdem fühlte er sich in seiner künstlerischen Freiheit durch die Bindung an das Apple-Label sehr eingeengt und war froh, als er 1976 sein eigenes Label "Dark Horse" gründen konnte, benannt nach der gleichnamigen Platte und dem Song. Leider nahm der Erfolg von George´s Platten von Album zu Album immer mehr ab. Dabei brachte er 1979 mit dem selbstbetitelten Album eines seiner schönsten Werke auf den Markt.
Anfang der 80er Jahre kam George in eine künstlerische Krise, weil sich seine melancholische Musik schwer mit der aufkommenden Synthesizer-Pop-Musik der New Wave Welle vertrug. So wurden seine
beiden Alben Anfang der 80er Jahre große Flops. Frustriert zog sich George mehrere Jahre komplett zurück.
Sein Freund Jeff Lynne, der gerade seine erfolgreiche Band Electric Light Orchestra aufgelöst hatte, holte George aus diesem Tief wieder heraus und produzierte mit ihm das Album "Cloud Nine". Es
wurde 1987 veröffentlicht und war ein ähnlich großartiges Comeback, wie das von John 1980. Denn das Album war extrem erfolgreich und die Single "Got My Mind Set On You" wurde eine Hitsingle und
gehört zu George´s bekanntesten Songs. Zu dieser Zeit wurden auch die Travelling Wilburys gegründet, eine Supergroup bestehend aus George, Jeff Lynne, Bob Dylan, Roy Orbinson und Tom Petty. Die
Band machte zwei sehr erfolgreiche Platten, sowie einige Hitsingles.
Nach einer sehr enttäuschenden Tournee durch Japan Anfang der 90er Jahre zog sich George wieder zurück und spielte als Gastmusiker auf einigen Alben befreundeter Musiker. Als er 1997 die Diagnose Lungenkrebs bekam, raffte er sich noch einmal auf, um ein letztes Album einzuspielen. Aufgrund der angeschlagenen Gesundheit konnte er das Album vor seinem Tod 2001 nicht mehr fertig stellen. Das machten dann sein Freund Jeff Lynne und sein Sohn Dhani, die von Anfang an bei den Aufnahmen dabei waren.
Sämtliche Alben von George gibt es als sehr schöne Neuauflagen. Die Alben auf dem Apple-Label 1968-1975 wurden 2014 als sehr schöne Digipacks mit tollen Booklets und Liner-Notes wiederveröffentlicht. 2017 folgten neue Vinyl-Ausgaben. Die Alben ab 1976 auf dem Dark Horse-Label wurden bereits 2004 in sehr schöner Aufmachung auf CD wiederveröffentlicht. Es ist zu empfehlen, aufgrund der Aufmachung und des Klangs zu den Neuauflagen zu greifen und nicht zu den alten CD-Ausgaben aus den 80ern. Außerdem gab es zwei CD-Boxen
George hat von den Beatles das homogenste Werk. Er hat seinen eigenen Stil geschaffen, den er (von seinen beiden ersten eher experimentellen Werken) seit 1970 kontinuierlich verfolgt. In den 80er Jahren werden zeitgemäße Elemente eingeflossen, ohne jedoch an Qualität zu verlieren. Leider sind die meisten Platten nicht sehr bekannt. Es lohnt sich aber,
diese zu entedecken, nur sollte man mit den 70er Jahre Alben anfangen.
Als nächstes kommt:
Paul McCartney und seine "Band On The Run"
Sich mit Paul McCartney zu befassen, ist eine Herausforderung. Nicht nur weil er seit 50 kontinuierlich Platten rausbringt und kein Ende in Sicht ist. Er hat von allen Beatles das mit Abstand größte Solowerk vorzuweisen und hat neben seinen eigentlichen Alben mehrere Projekte, in denen er mit unterschiedlichsten Musikrichtungen wie Klassik oder Elektronik experimentiert. Dazu bringt er noch Bücher raus, tourt regelmässig um die halbe Welt usw.
Dabei hatte Paul nach dem Ende der Beatles den schwersten Start. Nach dem Tod von Brian Epstein drängte er sich als selbsternannter Chef auf, wusste vieles besser, kritisierte die anderen und kommandierte sie herum. Das führte schließlich dazu, dass vor allem John und George sich mit ihm zerstritten und in der Öffentlichkeit kein gutes Haar mehr an Paul ließen. Also wurde er für das Ende der Beatles verantwortlich gemacht, obwohl er eigentlich bis zum Schluß versucht hatte, sie mit aller Macht zusammenzuhalten. So ist es kein Wunder, dass er völlig niedergeschlagen war, als die Beatles sich schließlich 1970 trennten.
Total frustriert zog Paul sich mit seiner Ehefrau Linda auf seinen Bauernhof in Schottland zurück und nahm im Alleingang das Album "McCartney" auf. Das Album wirkt dadurch sehr skizzenhaft und roh und wurde seinerzeit nicht nur von der Presse zerrissen, sondern auch von seinen ehemaligen Bandkollegen. Paul litt in dieser Zeit unter Depressionen und wurde kurzzeitig zum Alkoholiker. Völlig verwahrlost nahm er mit seiner Frau und ein paar befreundeten Musikern das zweite Album "Ram" auf. Obwohl das Album rockiger als der Vorgänger war, wurde auch an dem Album kein gutes Haar gelassen.
Paul hatte als einziger wieder den Wunsch, in einer richtigen Band zu spielen. Also gründete er die Wings. Da anfangs keiner wusste, wer sich hinter dem Namen verbarg, konnte Paul unerkannt durch
Großbritannien touren und sogar in Universitäten und Schulen spielen. War die Musik der Wings anfangs noch etwas unbeholfen, stiegen sie schnell zu einer der größten Bands der 70er Jahre auf.
Spätestens Mitte der 70er hatte Paul sein altes Level wieder erreicht und die Wings waren ganz oben und tourten um die ganze Welt. Die Musik der Wings lebt vor allem in den vielseitigen
Besetzungswechseln. Auf fast jeder der sieben Platten ist eine andere Besetzung zu hören und so klingt jedes Album völlig anders als das vorige Album. Leider nahm es mit den Wings 1980 ein jähes
Ende, als Paul wegen Marihuanabesitzes in Japan in Haft kam, als die Wings gerade eine Tournee durch dieses Land machten.
Da machte er wieder solo weiter. In den 80ern wurde er dank des Erfolges seiner Alben "Tug Of War" und "Flowers In The Dirt" zu einem der erfolgreichsten Solokünstler. Auf jedem dieser Alben spielte eine vielzahl bekannter Musiker mit, wie z.B. Elvis Costello, David Gilmour, Michael Jackson oder Stevie Wonder.
Es gibt mehrere Veröffentlichungen der Alben bis Ende der 80er. Nach den Originalpressungen auf LP oder CD gab es in den Neunzigern eine Neuauflage aller Alben. Fans empfehle ich aber ganz klar, die "Archive Collection" zu kaufen. 2010 begann Paul, seine alten Alben in dieser Serie zu veröffentlichen. Die Alben wurden neu remastert und kommen mit sehr schönem Artwork und tollem Sound. Es gibt von den meisten Veröffentlichungen mehrere Ausgaben. Ich empfehle aber, die 2 CD/2 LP Ausgabe zu kaufen. Auf der ersten Scheibe gibt es das Originalalbum und auf der zweiten tolle Bonustracks aus der Zeit, in der das Album erschien. "Band On The Run" gab es als einziges in einer 3 CD Ausgabe, wovon eine Disc eine DVD ist. Es sind leider noch nicht alle Alben erschienen, da Paul jedes Jahr nur ein oder zwei auf den Markt bringt. Es bleibt aber zu hoffen, dass die fehlenden Alben bald ergänzt werden. Jede Veröffentlichung gab es außerdem als sehr rare und teure Box, für die Hardcore-Fans. Diese Boxen haben nicht nur tolle Bücher, sondern auch jede Menge Bonusmaterial. 2019 wurden außerdem vier Livealben von Paul neu aufgelegt.
Was die Musik betrifft, so machte Paul auch nach den sehr erfolgreichen 70ern und 80ern kontinuierlich gute Musik, wobei er immer gekonnt zeitgemäße Trends in seine Musik mit einbrachte. Allerdings ließ der Erfolg der Alben seit den 90er Jahren nach. Waren Alben der 90er nur noch mäßig erfolgreich, so bekam die normale Welt draußen seit der Jahrtausendwende kaum noch mit, wenn Paul ein neues Album rausbrachte. Aber auch Paul schaffte es, wie John und George eine Comeback hinzulegen, als es kaum noch einer von ihm erwartet hat. "Egypt Station" schoß sogleich wieder an die Spitze der Charts und seitdem ist Paul wieder in aller Munde und ständig in den sozialen Netzwerken und auf Musikseiten präsent.
Die Alben der 90er Jahre gibt es bisher nur in den Originalausgaben, ebenso wie die der 00er Jahre. Bis auf "Chaos And Creation In The Backyard", das 2018 neu aufgelegt wurde. Fans vermuten aber,
dass sich die "Archive Collection" bald auch auf neuere Alben ausweiten wird, zumindestens auf die der 90er. Die letzten Alben gab es in so vielen verschiedenen Ausgaben, dass es schwierig ist,
da noch den Überblick zu behalten. Je nachdem welche Ausgabe, gab es auch unterschiedliche Bonustracks. Ich empfehle daher Neueinsteigern, sich an die üblichen Ladenversionen zu halten.
Hardcore-Fans können sich ja auch die anderen Ausgaben alle kaufen. Da es den Rahmen sprengen würde, diese alle hier aufzuführen, verweise ich in dem Fall auf die Seite "Discogs". Dort sind alle
Alben und Ausgaben aufgeführt. Mitglieder und Freunde, die sich nur einen Überblick verschaffen wollen, welche Alben Paul alle rausgebracht hat, können gerne auf unsere Discographie-Seiten
schauen.
Wie Anfangs erwähnt hat Paul aber nicht nur erstklassige Rockalben abgeliefert. Seit 1989 schreibt er auch regelmässig klassische Werke, für die er sehr viel Anerkennung in der klassischen Szene bekommen hat. Diese Werke werden von namhaften Orchestern in großen Kathedralen und Sälen aufgeführt. Alle diese Werke sind in sehr schönen Ausgaben mit tollen Booklets auf CD und teilweise auch Vinyl erschienen. Da diese Platten nur einmal aufgelegt wurden, sind sie nach ein paar Jahren schwer zu bekommen und man muß gebraucht danach Ausschau halten. Aber meiner Meinung nach lohnt es sich, da mal reinzuhören.
Ähnlich verhält es sich mit "The Fireman". Das ist eine Band, bzw. ein Duo bestehend aus Paul und dem elektronischen Musiker Youth. Ebenso wie die klassischen Werke bekamen diese Alben auch sehr viel Lob, nicht nur von Musikern aus der elektronischen Welt. Auch diese Alben sind längst vergriffen und werden mittlerweile für einen sehr hohen Preis gehandelt. Auch hier lohnt es sich unbedingt, diese Alben mal anzuhören.
In der Öffentlichkeit und der oberflächlichen Betrachtung wirkt Paul auf viele wie ein Musiker, der sehr hochwertige Pop-Alben produziert. Wer sich aber näher mit ihm beschäftigt, wird erstaunt sein, wie vielseitig er ist, denn kaum ein Album ist wie das andere. Er hat so viele verschiedene Musikstile in sich aufgezogen, ist immer mit der Zeit gegangen, ohne dass die Qualität seiner Musik drunter gelitten hat. Durch seine klassischen und elektronischen Werke bekommt man sogar Musik, die abseits von Rockmusik ist. Für Paul muß man sich sehr viel Zeit nehmen. Aber wer sie sich nimmt, wird definitiv belohnt!
Jetzt fehlt nur noch:
Ringo Starr mit seiner "Sentimental Journey"
Ringo? Ja, Ringo, der Trommler, der nicht singen kann. So sahen ihn viele, bis heute. Ringo wurde immer unterschätzt. Er durfte nur die Beatles-Lieder singen, die seiner Stimmlage entsprachen und die wurden bis 1968 auch noch alle von Lennon/McCartney komponiert (bis auf "What Goes On", wo er als Co-Autor auftritt). Am Ende der Beatles hat er ganze zwei Stücke selber komponiert:
"Don´t Pass Me By" und "Octopus´s Garden".
So war es kein Wunder, dass Ringo nach dem Ende der Beatles nicht so richtig wusste, was er tun sollte. Da er auch ein eigenes Solo-Album machen wollte, entschied er sich dazu, Schlager aus seiner Kindheit mit dem George Martin Orchester neu einzuspielen. Das war die "Sentimental Journey". Weil es ihm solchen Spaß gemacht hat, legte er noch im gleichen Jahr ein Country-Album nach, dass er mit namhaften Country-Musikern in Nashville einspielte: "Beaucoups Of Blues". Beide Alben wurden nicht sonderlich erfolgreich und so beschloß RIngo, erst einmal eine Pause zu machen und sich der Schauspielerei zu widmen.
Ringo war der einzige Beatle, der nach der Trennung mit allen einen freundschaftlichen Kontakt hatte. So trommelte er 1973 alle nochmal zusammen, um ihm bei einem neuen Solo-Album zu unterstützen. Ebenso lud er weitere befreundete Musiker dazu ein. Da er sich selber für einen zu schlechten Komponisten hielt, durften die anderen die Songs für ihn schreiben. So entstand das Album "Ringo", das aufgrund der hohen Qualität und Vielseitigkeit der Songs sehr gute Kritiken bekam und großen Erfolg hatte. Im folgenden Jahr nahm Ringo den Nachfolger "Goodbye Vienna" mit gleichem Konzept und gleichen Musikern auf. Auch dieses Album wurde ein großer Erfolg. Leider sollten es für eine lange Zeit die einzigen beiden Alben bleiben, mit denen Ringo Erfolg hatte.
Da die ersten vier Alben von Ringo noch auf Apple erschienen sind, sind es auch die einzigen der alten Alben, die heute noch auf CD zu bekommen sind. Allerdings gibt es nur die Originalausgaben
auf dem Capitol-Label auf CD. Bisher wurden sie nicht neu aufgelegt. Lediglich "Ringo" und "Goodbye Vienna" wurden 2017 als hochwertigen Vinyl-Ausgaben wiederveröffentlicht.
Mit den darauffolgenden Alben, beginnend mit "Ringo´s Rotogravure" wurde Ringo´s Musik recht seicht und belanglos. Er nahm verstärkt Disco- und Popelemente in seine Musik auf. Aufgrund des zunehmend schlechten Erfolges seiner Alben wechselte er mehrfach das Plattenlabel. Auch arbeitete er nicht mehr mit so vielen bekannten Musikern zusammen. Obwohl "Stop And Smell The Roses" unter Fans noch sehr beliebt ist, weil dort u.a. Paul McCartney und George Harrison mitspielten, hatte das Album keinen Erfolg. Das liegt vielleicht auch an dem kitschigen Cover, das Ringo mit einem Strauß Rosen zeigt und nicht unbedingt gute Musik verspricht. Der absolute Tiefpunkt wurde dann 1983 mit "Old Wave" erreicht. Es wurde das erfolgloseste Album, das jemals von einem Beatle produziert wurde.
Die Alben zwischen 1976 und 1983 sind mittlerweile sehr schwer zu bekommen. Die CDs werden gebraucht für einen sehr hohen Preis gehandelt. Sie wurden auch nur einmal für eine kurze Zeit auf CD gepresst, u.a. auf den Labeln Atlantic und Epic. "Stop And Smell The Roses" und "Old Wave" wurden nur als limitierte Ausgaben auf einem amerikanischen Label Namens "The Right Stuff" vauf CD veröffentlicht. Wer diese Platten heute kaufen möchte, muss also entweder zu alten Vinyl-Ausgaben oder den sehr teuren gebrauchten CD-Ausgaben greifen.
Nach "Old Wave" machte Ringo eine lange Pause. In dieser Zeit ging es ihm nicht gut. Zum einen machte ihm der Mißerfolg zu schaffen und dann kämpfte er sehr lange mit seiner Frau Barbara Bach mit ihrer gemeinsamen Alkoholsucht. Ende der 80er Jahre gründete Ringo seine "All Starr Band" und begann wieder Konzerte zu geben.
Mit "Time Takes Time" meldete er sich schließlich 1992 zurück. Das Album klang wieder sehr optimistisch. Ringo hatte seine alte Spielfreude und gute Laune wiedergefunden und seine Alkoholsucht überwunden. Ab da ging es für ihn wieder aufwärts. Er brachte regelmässig sehr gute Platten auf den Markt, die ausnahmslos sehr gute Kritiken bekamen und unter Fans sehr geschätzt sind. Er arbeitete auf allen Platten mit guten und namhaften Musikern zusammen. Zwischen den Aufnahmen machte Ringo mit seiner "All Star Band" Konzerte rund um den Erdball. Auch zu dieser Band gehören namhafte Musiker. Die Platten dieser Zeit sind alle noch bei regulären Händlern zu bekommen.
Ringo, der Unterschätzte hat einige sehr schöne Platten rausgebracht. Die meisten werden erstaunt sein. Vor allem sollte man sich die neueren Alben ab 1992 anhören.
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