RHEINISCHE POST, 17. DEZEMBER 2016
Viersen Heute vor einem Jahr gründeten Viersener und Mönchengladbacher gemeinsam einen Beatles-Stammtisch.
Linda Schelers Liebe zu den Beatles wurde durch die "Bravo" geprägt. Denn die gab 1981, kurz nach dem Attentat auf John Lennon, einen Starschnitt heraus. "Wochenlang musste ich das Magazin kaufen, bis ich endlich das ganze Bandposter zusammen hatte", erinnert sich die 48-Jährige. Dann war es um sie geschehen. Seitdem hat die Musik sie durchs Leben begleitet. Beim Beatles-Stammtisch Mönchengladbach-Viersen hat sie Menschen kennen gelernt, denen es ähnlich geht. "Endlich fühlt man sich verstanden und merkt, dass man nicht der letzte Dinosaurier ist, dem die Musik gefällt." Das jüngste Mitglied des Stammtisches ist 23 Jahre alt. "Sie könnte meine Tochter sein und hat das gleiche Virus wie ich", sagt Scheler.
Auch der Viersener Jürgen Meis (58) schloss sich vor einem Jahr dem Beatles-Stammtisch an. Nach einem Inserat kamen sieben Gleichgesinnte zum ersten Treffen, am 17. Dezember 2015. Alle vier bis sechs Wochen hat sich die Gruppe seitdem in der Villa Marx in Viersen getroffen, stetig kamen neue Mitglieder hinzu. Über 20 sind es mittlerweile. Sie kommen aus Viersen, Leverkusen, Mönchengladbach, Mülheim oder Düsseldorf. "Die Beatles sind einfach ein Mythos", erklärt Meis seine Faszination. "Kleine Kinder und über 80-Jährige lieben die Musik, jeder kennt sie."
Willi Netzer (60) wurde 1968 das erste Mal auf die Band aufmerksam. Während seiner Schulzeit in Mönchengladbach empfand er die Musik rebellisch und gleichzeitig friedvoll und melodisch. "Sie hat damals eine Aufbruchsstimmung ausgelöst", erinnert er sich. Zwei Jahre später, 1970, trennte sich die Band. John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr gingen getrennte Wege. "Ich denke, zur Legende der Beatles trägt bei, dass sie danach nie wieder zusammen gespielt haben", analysiert Meis.
Die Musik von damals, sie elektrisiert und begeistert die Beatles-Freunde, aber sie lässt sie auch in Erinnerungen schwelgen. Das weiße Album, es wurde 1968 veröffentlicht, sei traumhaft, es vereine alle Musikrichtungen, schwärmt Netzer. Trotzdem ist sein Lieblingslied ein Klassiker: "Hey Jude". Scheler liebt "Something", Meis "Yesterday". Etwas melancholisch denken sie an die Zeit zurück, als sie die Beatles-Schallplatten noch ehrfürchtig aus dem Regal holten, sie vorsichtig auf den Plattenspieler legten. "Dieses Knirschen, bevor die Musik losgeht, das war toll", sagt Jürgen Meis. Und Linda Scheler erinnert sich: "Das waren damals meine Schätze, das einzige, was ich mir zum Geburtstag oder zu Weihnachten gewünscht habe." Aber auch heute noch hört sie die Musik manchmal tagelang.
Erst im Mai hat ein Teil des Stammtischs Paul McCartney beim Konzert in Düsseldorf auf der Bühne gesehen. Es gibt aber auch Mitglieder, die die Beatles damals noch gemeinsam live erlebt haben, das älteste ist über 70. "Es ist immer unterhaltsam, wenn die Hardcore-Fans erzählen, einige waren bei der Bravo-Beatles-Blitz-Tour in Essen im Jahr 1966 dabei", sagt Meis. Auch ein Schallplatten-Guru ist Mitglied, 8500 LPs der Beatles besitzt er.
Das brachte die Beatles-Fans auf eine Idee: Bei einem Treffen wurde eine Schallplattenbörse veranstaltet. Mal gemeinsam eine Dokumentation gucken, Musik hören, über alte Zeiten sprechen: Das gehört beim Stammtisch dazu. Einmal kam auch Elmar Welge, der frühere RP-Fotograf, der 1969 das "Bed-in for Peace" von John Lennon und Yoko Ono im Amsterdamer Hilton-Hotel fotografiert hat, und plauderte aus dem Nähkästchen. Für das kommende Jahr ist eine gemeinsame Tour geplant. Mögliche Ziele wären Liverpool, die Geburtsstadt der Band, oder die Abbey Road in London, die berühmte Straße nach der das elfte Album benannt wurde, nachdem die meisten Aufnahmen dort in den weltberühmten Tonstudios der EMI entstanden. Es war das vorletzte Album, das die Beatles veröffentlichten. Für die drei Stammtisch-Mitglieder ist es auch eines der Schönsten.
(von Tanja Karrasch)
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